Inhalt des Dokuments
SE Inklusion und Exklusion als Modell von Geschichte und städtischer Ordnung
Modul 3: Öffentlicher Raum und Stadtkultur
Di 14-16 Uhr
• TEL 304 • Beginn: 22.04.2008
‚Inklusion‘ und
‚Exklusion‘ stellen Kategorien eines Beschreibungsmodells sozialer
Dynamik dar. Sie wurden von Niklas Luhmann als grundsätzlich
neuzeitliches Phänomen von Gesellschaft bestimmt. Das heißt nicht,
dass es in der Antike keine Ausgeschlossenen gegeben hätte. Doch sind
die 'Barbaren' nicht Teil der antiken Gesellschaft. Jenseits der
Grenzen der 'menschlichen Welt' besitzen sie als Abstraktum
symbolische Bedeutung, indem die Abwesenden immer wieder der
Selbstversicherung dienen und an ihnen Kultur und Zivilisation
begründet werden.
Demgegenüber sind die neuzeitlichen
Außenseiter, die Exkludierten und Anormalen, Teil der Gesellschaft.
Im Zeichen christlicher Moral wird ihnen, den Armen, Kranken, Juden,
Bettlern, Wahnsinnigen, ein Ort zugewiesen. Durch ein komplexes System
von Regeln, Privilegien, Gesetzen und Architekturen sind sie in den
sozialen Zusammenhang als Ausgeschlossene eingebunden. Sowohl die
Geste des Aus- und Einweisens wie auch die definitorische
Begriffsarbeit gehen dabei dem Ausschluss der ‚Randgruppen‘
(Soziologie) in ‚Einschlussmilieus‘ (Foucault) voraus. Zugleich
wird die Inklusion zum ideologischen Postulat, sei es im
aufklärerischen Sinne als egalitäre, sei es im kommunistischen Sinne
als klassenlose oder im nationalen und rassistischen Sinn als
völkische Gemeinschaft. Denn die latente Sprengkraft dieser sozialen
Gruppen bedroht das gesellschaftliche Gleichgewicht, wie beispielhaft
die englischen Landlosen und Vagabunden im 17. und 18. und die
Arbeiter im 19. und 20. Jahrhundert demonstrieren. Diese soziale
Spannung erzeugt sowohl historische Perspektiven wie Heilslehren,
Utopien, Untergangsvisionen und nicht zuletzt den soziologischen Blick
als Kategorisierungsinstrument, um die unbestimmbaren anonymen Massen
zu bewältigen. Postuliert wird die Restauration des sozialen
Gleichgewicht oder, radikalisiert, die totale Inklusion einer
geschlossenen Welt.
So vollzieht sich am Thema Inklusion
und Exklusion Moderne. Dabei bildet die Stadt in ihrer jeweiligen
historischen Materialität den Ort einer Geschichte, die sich auf
Inklusion/Exklusion gründet und bis heute Aktualität besitzt. Die
Stadt veranschaulicht und fokussiert Sozialität, ist Anziehungspunkt
der Landlosen und zugleich Schreckensort als Ghetto, Mietskaserne,
Kriminalitätsschwerpunkt und No-Go-Area, deren mediale Unsichtbarkeit
sich durch exzessive Gewalt gegenüber den sichtbaren Zentren der
Macht und des Konsums aufzuheben sucht.
Das Seminar will
zum einen das soziologische Beschreibungsmodell von Inklusion und
Exklusion auf seine Gültigkeit hin überprüfen. Zweitens fragt es,
wie aus dem Modell historische Dynamik und der historische Blick auf
die Stadt erwächst, welcher selbst wiederum eine Geschichte der Stadt
hervorbringt. Es verbindet also Soziologie und Geschichte am Thema der
Stadt und versteht sich damit als Beitrag zu einer Theorie der
historischen Urbanistik.
Zur vorbereitenden Lektüre:
Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1997
(Auszug anzufordern unter hempel@ztg.tu-berlin.de)
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